Liebe Shanti,

vielen Dank für dein Vertrauen und dass du dich an uns gewendet hast. Mein Name ist Heike vom Team.

Was du durchmachen musstest hört sich wirklich schlimm an. Es ist schrecklich, wenn Menschen soetwas erleben müssen.

Du schreibst, dass du Anzeige erstattet hast um deine Geschwister vor weiteren Übergriffen zu schützen und dafür Vorwürfe bekommst. Von wem bekommst du diese denn? Von deinen Geschwistern? Und was werfen sie dir vor?

Den Kontakt zu deiner Familie erstmal abzubrechen war sicherlich ein guter Schritt. So bist du zumindest erstmal vor weiteren Übergriffen geschützt.

Verstehe ich es richtig, dass deine Therapeutin nach einem erneuten Übergriff die Therapie beendet hat? Und du nicht mit ihr über das Geschehene gesprochen hast, da sie es nicht hören wollte? Das hört sich ja nach einer komischen Therapeutin an. Denn eigentlich sollte sie doch genau dafür da sein, um es mit dir aufzuarbeiten.
Du schreibst, dass du schon länger in Therapie und in Kliniken warst, aber nicht daran arbeiten konntest. Wie genau meinst du das? Konntest du gar nicht darüber reden? Hast du die Hilfe nicht an dich heran gelassen? Oder was war es, das dich davon abgehalten hat?

Bist du denn im Moment noch in Behandlung? Denn das wäre etwas, zu dem ich dir auf jeden Fall raten würde. Wenn man missbraucht worden ist und das auch noch mehrmals und von verschiedenen Personen, dann ist das etwas, das einen immer begleitet. Mit psychologischer Hilfe könntest du einmal über alles sprechen und die Erlebnisse verarbeiten und schauen, wie du in Zukunft damit umgehen kannst. Auch wenn es dir bisher unmöglich war, darüber zu sprechen und daran zu arbeiten, so ist das etwas, was wirklich wichtig wäre. Daher würde ich dir wirklich empfehlen, solltest du wieder in Therapie sein, das Thema anzusprechen. Solltest du zur Zeit nicht in Behandlung sein, wäre es gut, wenn du dir wieder einen Therapieplatz suchen würdest. Denn das Ganze beschäftigt dich doch, verständlicher Weise, sehr. Und solange du es nicht aufarbeitest wird es wahrscheinlich schwer sein, neuen Lebensmut zu schöpfen. Denn das Geschehene wird dir ja immer im Hinterkopf bleiben. Und erst wenn du bereit bist, es, mit entsprechender Hilfe, zu verarbeiten, gibst du dir die Chance, irgendwann wirklich wieder nach vorne sehen zu können.

Der Verein Wildwasser e.V. wildwasser.de/ hilft Menschen, die Opfer sexueller Gewalt geworden sind. Vielleicht wäre es eine Möglichkeit, dass du auch dort einmal schaust, ob es eine Anlaufstelle in deiner Nähe gibt? Dort könntest du mit Leuten sprechen, die darauf spezialisiert sind, Menschen in deiner Situation zu helfen. Sie könnten dir z.B. bestimmt auch einen Therapeuten vermitteln. Zudem gibt es die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen. Vielleicht hilft es dir, wenn du siehst wie diese mit so einer Situation umgehen und dass es auch ihnen schwer fällt, darüber zu reden was ihnen passiert ist?

Ich wünsche dir alles Gute! Du kannst mir gerne hier wieder schreiben. Ich bleibe für dich da.
Liebe Grüße, Heike

Liebe Shanti,

du schreibst, dass deine Therapeutin dich wegen der Vergewaltigung rausgeworfen hat, aber gleichzeitig, dass weder sie noch sonst jemand etwas davon weiss. Das verstehe ich nicht ganz. Wie kann sie dich für etwas rauswerfen, von dem sie nichts weiss? Oder hast du sie in Folge des erneuten Übergriffs abgeblockt und sie meinte, dich so nicht behandeln zu können o.ä.?

Dass deine alte Therapeutin, die erste der du vertraut hast, dein Vertrauen so enttäuscht hat und dich sogar so weit verletzt hat, dass du das erstmal mit der neuen Therapeutin aufarbeiten musst tut mir sehr leid. Dass sie dir dazu noch Steine in den Weg legt ist umso schlimmer. Bezüglich der weiteren Genehmigung kann ich dir leider auch nicht helfen. Vielleicht hat deine neue Therapeutin da einen Ansatzpunkt, wie du am besten vorgehen könntest oder an wen es Sinn machen würde sich zu wenden? Schließlich ist sie mit dir im Thema drin und weiss genauer was vorgefallen ist?

Ansonsten wäre es gut, wenn du mir Näheres erzählen würdest, damit ich schauen kann, ob ich dir dahingehend weiterhelfen kann.

Hast du bei deiner neuen Therapeutin denn das Gefühl, dass du dich ihr öffnen kannst oder zumindest, dass du bereit bist, es langsam zu versuchen? Dass du mit ihr reden kannst und Vertrauen aufbauen kannst?

Da du mit der neuen Therapeutin ja erstmal die Vorfälle mit der alten bearbeitest, wäre es nicht vielleicht erst recht sinnvoll, wenn du überlegen würdest, dich einmal an den Wildwasser e.V. oder eine ähnliche Organisation (z.B. hier hilfeportal-missbrauch.de/info…t-hilfe-und-beratung.html ) zu wenden? Denn die sexuellen Übergriffe sind doch etwas, das dich, zusätzlich zu der ganzen Sache mit deiner Therapeutin, sehr belastet, oder? Vielleicht findest du dort jemanden der neben der Therapie mit dir über die Übergriffe spricht und dir hilft, besser damit umzugehen?

Liebe Grüße, Heike

Liebe Shanti,

komplizierte Dinge können eben auch nur kompliziert beschrieben werden. Daher braucht es dir überhaupt nicht leid zu tun, dass deine Geschichte vielleicht verwirrend ist, da kannst du ja nichts dafür.

Und das Verhalten deiner ehemaligen Therapeutin ist ja wirklich ungewöhnlich. Nach so langer Zeit die Therapie zu beenden zu einem Zeitpunkt wo du ihre Hilfe vermutlich am meisten gebraucht hättest ist nun wirklich nicht das, was man sich von einem Therapeuten erhofft.

Vielleicht hatte sie einfach das Gefühl, dir nicht mehr helfen zu können? In dem Fall wäre es zwar immer noch sehr enttäuschend für dich, dass sie dich so hat "hängen lassen", aber vielleicht war es ja am Ende besser so. Jemand der sich so verhält wäre vielleicht gar nicht in der Lage gewesen, dir wirklich weiter zu helfen. Immerhin habt ihr es ja vorher einige Jahre lang nicht geschafft, die eigentlichen Probleme zu thematisieren.
Auch wenn ich gut verstehe, dass du enttäuscht bist, aber vielleicht ist die neue Therapeutin ja eine Chance. Eine Chance, dass du es mit ihr irgendwann schaffst, deine eigentlichen Probleme anzugehen.

Dass du aufgrund der Vorkommnisse erst recht Probleme damit hast, einem Therapeuten zu vertrauen kann ich ebenfalls gut verstehen. Gerade wenn man so enttäuscht wurde. Aber wenn ich das richtig verstanden habe arbeitet ihr doch gerade die Vorkommnisse mit der ersten Therapeutin auf. Das könnte doch eigentlich eine gute Grundlage werden, um zu sehen, dass die neuen Therapeutin anders ist, oder nicht?

Ich kann auch verstehen, dass du unsicher bist, ob du dich an einen Verein wie Wildwasser e.V. wenden solltest. Und am Ende ist das natürlich allein deine Entscheidung. Ich kann dich aber nur ermutigen, zu überlegen, ob es nicht einen Versuch wert wäre. Es gibt dort ja z.B. auch ein Forum für Betroffene. Vielleicht wäre es ein Anfang, dort ganz unverbindlich reinzuschauen und zu sehen, ob es dir evtl. hilft, zu lesen wie andere mit einer ähnlichen Situation umgehen?

Liebe Grüße, Heike

Liebe Shanti,

es freut mich, wenn ich dir ein bisschen helfen konnte.
Und noch mehr, dass es so aussieht, als hättest du mit der neuen Therapeutin einen echten Glücksgriff getan. Das hört sich doch alles sehr positiv an.

Ich wünsche dir alles Gute!
Du kannst dich jederzeit gerne wieder an uns/mich wenden, solltest du noch einmal Hilfe benötigen.
Liebe Grüße, Heike