Liebeswahn

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    • Hallo allerseits,

      vor etwa einem Jahr habe ich eine junge Frau kennengelernt und anfänglich waren wir befreundet. Mit der Zeit kamen wir uns aber näher und so kam es, dass wir am 18. Juli unsere erste Verabredung hatten. Dabei haben wir sogar kurz Hand gehalten, bis ich aus Angst den Griff gelöst habe. (Ich leide an einer sozialen Phobie und habe durchgehend Angst zu versagen) Ich sagte ihr, dass ich Angst habe und die Verabredung hat sich etwas verlaufen. Danach habe ich mich sehr geärgert und war entäuscht von mir selbst, weil ich sie wirklich mochte. Mir ist es aber gelungen sie zu einer zweiten Verabredung am 25. Juli einzuladen und diesmal konnte ich mich meiner Angst stellen und habe langsam ihre Hand genommen. Zum Abschied haben wir uns sogar geküsst.

      Fortan waren wir zusammen und ich war so glücklich mit ihr. Sie ist einer der gütigsten und liebevollsten Menschen, die ich jemals getroffen habe. Noch nie war ich so verliebt und ich tat alles, was in meiner Macht stand, um ihr zu zeigen, dass sie mir alles bedeutet. Mitte Oktober begann sie dann ein Studium und dadurch, dass sie pendelte, hatte sie kaum noch Zeit für mich. Da begann mich eine sehr große Angst zu beschleichen, dass ich nun keinen Platz mehr in ihrem Leben hatte. Die Angst hatte ich wohl deshalb, weil mich meine aller erste Freundin nach 2 1/2 Jahren Fernbeziehung verlassen hat, weil sie studieren wollte. Das war eine der dunkelsten und traurigsten Zeiten in meinem Leben und ich wollte das auf keinen Fall ein weiteres Mal erleben.

      Leider machte sich in mir immer mehr Angst breit und eine Stimme in mir versuchte mich dazu zu drängen, die Beziehung zu beenden, bevor sie es tut, um mir weiteren Schmerz zu ersparen. Fast jeden Tag war ich nur noch damit beschäftigt gegen dieses Stimme anzukämpfen und ich begann meine Arbeit und alles andere zu vernachlässigen. Mein Kopf war mit negativen Gedanken gefüllt und das wirkte sich auch auf meine Wahrnehmung und mein Empfinden aus. Ich fühlte mich wegen jeder Kleinigkeit sofort angegriffen und weinte auch sehr viel.

      So kam es, dass wir am 22. November uns im Chat wegen eines Missverständnisses stritten. Dabei wollte ich ihr erzählen, dass das Verhältnis zwischen meiner Mutter und mir in meiner Kindheit gestört war. Ihre Antwort wirkte sehr forsch auf mich, da sie es mit ihrer Situation verglich, die rein objektiv betrachtet tatsächlich schlimmer ist. Auf mich wirkte es wie ein Angriff und ich antwortete darauf aggressiv. Als sie sagte, dass sie dadurch verletzt war, wich mein Zorn schlagartig und wandelte sich in Entsetzen. Da wir für den 6. Dezember verabredet waren, wollte sie bis dahin erstmal keinen Kontakt mehr zu mir haben. Kurz darauf träumte ich davon, dass ich mich aus Reue umbringen wolle und ihr noch einen Brief verfasst habe.

      Innerhalb dieser Zeit nagte die Unsicherheit an mir, ob ich sie nun verloren habe oder nicht. An manchen Tagen war ich zuversichtlich, an anderen wurde ich von Zweifeln verfressen. Und so kam der 6. Dezember. Ich konnte sie kaum ansehen, ohne von Schuldgefühlen heimgesucht zu werden. Sie sagte zu mir, dass sie jemanden brauche an den sie sich anlehnen könne und ich genauso, was es schwierig mache noch zusammen zu bleiben. Sie nahm meine Hände und lächelte mich mit ihren warmen Augen an. Dann sagte sie, dass sie meine, dass es wohl besser wäre, wenn wir in Freundschaft verbleiben und wenn es gut läuft, vielleicht nochmal zusammenkommen. In mir sträubte sich alles und ich stand unter Schock.

      Meine romantischen Gefühle für sie brennen noch immer so stark für sie, dass ich gar nicht begreifen konnte, was an diesem Abend passiert war. An Weihnachten war ich bei ihr eingeladen und da merkte ich es so langsam. Ich durfte die Nacht bei ihr verbringen, doch fand ich kaum Schlaf. Fast die ganze Zeit lag ich wach und weinte und betete. Als es morgens war ging ich in ihr Schlafzimmer, um zu sehen ob sie wach war. Sie schlief noch ich setzte mich neben sie auf's Bett. Ich konnte sie kaum ansehen, ohne einen Anfall von Reue zu bekommen. Ich sagte ihr, dass ich sie noch immer aus tiefsten Herzen liebe und mir alles so leid tat. Ich ging auf die Knie und betete zu Gott, dass er sie über sie wachen und dass sie ein schönes leben haben soll, wenn auch ohne mich.

      Als ich wieder Zuhause war überkamen mich schwere Depressionen und Verzweiflung. In der Sylvesternacht blieb ich Zuhause und schrieb weinend einen Brief an sie, den ich ihr nie geschickt habe. Danach versuchte ich jeglichen Kontakt zu ihr zu meiden. Für eine kurze Zeit klappte das auch, doch dann fing ich an von ihr zu träumen. In den meisten Träumen war ich wieder glücklich mit ihr vereint. Einmal träumte ich aber davon, dass sie mich zu sich einlud, um mir mitzuteilen, dass sie einen neuen Partner gefunden habe und sogar ein Kind von ihm erwarte. Zwar ist ihr Glück, dass was mir am wichtigsten ist, doch brach mir dieser Traum das Herz. Daraufhin wollte ich beginnen mein Leben selbst in die Hand zu nehmen und mich meinen Ängsten zu stellen und zumindest etwas der Güte zu zurückzugeben, die ich durch meine einstige Liebe erfahren habe.

      Ich nahm wieder Kontakt zu ihr auf und versuche ihr ein guter Freund zu sein. Leider kommen mir dabei aber immer wieder meine Gefühle in den Weg und ich werde fast täglich von Kummer geplagt. Dieser äussert sich bei mir bei starken Gefühlschwankung oder Lustlosigkeit. Eine Zeit lang habe ich deswegen unkontrolliert angefangen zu essen, um das Gefühl irgendwie zu betäuben. Vor einigen Wochen habe ich mir deshalb einen Lebensmittelvergiftung zugezogen und kurz darauf auf der Arbeit einen Mage-Darm Erkrankung. Durch diese Mischung konnte ich fast zwei Wochen lang nichts essen und bin deshalb auch noch immer leicht angeschlagen. Lustigerweise war ich während dieser Krankheitszeit detulich entspannter und fröhlicher. Dieses Wochenende hat mich aber wieder eine sehr starke Welle des Kummers heimgesucht, weswegen ich auch hier bin.

      Ich weiß nicht mehr was ich tun soll. Pausenlos muss ich an sie denken. So sehr sehne ich mich danach einfach nur ihre Hand zu halten.
      Dare to fail and learn from your mistakes.
    • Lieber Philosoph,

      vielen Dank für dein Vertrauen und dass du dich an uns gewendet hast. Mein Name ist Heike vom Team.

      Es war ja schon ein großer Schritt, dass du trotz deiner sozialen Angst eine Beziehung mit deiner Exfreundin eingegangen bist. Und dann hattest du mit ihr einen Menschen gefunden, der dich glücklich gemacht hat und nun ist dieser weg. Verständlich, dass es dir so erst recht den Boden unter den Füßen wegzieht.
      Allerdings hat dir, wenn ich das richtig verstehe, schon vorher die Angst angefangen einen Strich durch die Rechnung zu machen, indem du dich immer wieder gefragt hast, ob sie dich wegen des Wohnortwechsels verlassen würde.

      Bist du denn in Behandlung wegen deiner Ängste? Oder hast du schonmal überlegt, ob du diesbezüglich Hilfe annehmen könntest und würdest? Denn Angst ist ja etwas, das einen im Leben ziemlich einschränken kann.
      Zwar hat Angst einen nützlichen Hintergrund, hat sie doch z.B. unsere Vorfahren davor beschützt, von Raubtieren gefressen zu werden, aber bei manchen Menschen ist sie eben ein bisschen ausser Kontrolle geraten. Das Gute an Ängsten ist aber, dass man sie sehr gut therapieren kann. Sich ihnen zu stellen, wie du es für deine Freundin getan hast, ist genau der richtige Weg.
      Allerdings ist das alleine ungleich schwieriger als mit jemandem an der Hand, der weiss, wie man dabei am besten vorgeht.
      Daher würde ich dir, falls du das noch nicht getan hast, raten, zu überlegen, ob es für dich in Frage käme, dir von einem Psychologen helfen zu lassen. Dieser könnte dir helfen, heraus zu finden, was der Ursprung deiner Ängste ist und dich ihnen ganz langam und Schritt für Schritt zu stellen.
      So ein Schritt mag erstmal Überwindung kosten, aber er lohnt sich ganz sicher. Falls du noch zweifelst, vielleicht hilft es dir, dir vorzustellen, wie es wäre, wenn du die Ängste nicht mehr hättest. Wäre die Aussicht darauf es nicht wert, dafür zu kämpfen?

      Du schreibst ausserdem, dass du Depressionen und Gefühlsschwankungen hast, lustlos bist und unkontrolliert isst, insgesamt leidest du sehr unter der Trennung. Auch darüber würde ich dir raten, einmal ganz in Ruhe mit einem Psychologen zu sprechen. Denn Ängste oder eine Trennung alleine können einen ja schon fertig machen, wenn dann beides zusammen kommt ist es verständlich, wenn einem das zu viel wird.

      Es gibt ausserdem auch Selbsthilfegruppen für Menschen mit sozialer Phobie. Gerade für Menschen mit einer sozialen Phobie ist es oft schwer, eine Trennung zu akzeptieren. Auch die Schuldgefühle sind etwas, das viele Betroffene kennen werden. Vielleicht würde es dir helfen, dich dort mit anderen Betroffenen ein wenig auszutauschen?

      Bezüglich des Umgangs mit deiner Exfreundin wäre es wahrscheinlich am besten, wenn du an deinen Ängsten arbeiten würdest und gleichzeitig schaust, ob du dein Leben wieder so gestalten kannst, dass du etwas Selbstvertrauen schöpfst und merkst, dass du als eigenständiger Mensch etwas wert bist. Denn gerade Menschen, die unter Versagensängsten leiden tun dies ja oft, weil sie sich selbst sehr wenig zutrauen und das Gefühl haben, nicht genug wert zu sein.

      Das Problem ist, solange man den Expartner immer wieder sporadisch sieht, kommen die alten Gefühle hoch und man reisst die Wunden erneut auf. Du schreibst ja selbst, dass die Gefühle jedes mal, wenn du sie angesehen hast, wieder kamen.

      Da sie dir aber ja gesagt hat, dass es, wenn ihr beide jemanden zum Anlehnen braucht, keine Chance für euch gibt, wäre es, so paradox das klingt, vielleicht am besten, wenn du ersteinmal etwas Abstand von ihr halten würdest. Denn das beste Mittel um mit dem Ende einer Beziehung klar zu kommen und sich wieder neu zu orientieren sind Zeit und Abstand. Der eine braucht nur ein paar Tage um wieder nach vorne sehen zu können, bei anderen dauert es Wochen oder sogar Monate. Und das ist okay. Nimm dir diese Zeit und sei nicht zu streng mit dir selbst. In dieser Zeit könntest du an deinen Ängsten arbeiten.
      Wie gesagt, auch wenn es erstmal nicht so scheint, aber die ganze Sache wird wesentlich leichter zu ertragen, wenn man (zumindest vorübergehend) Abstand hält.

      Wenn du darüber reden magst, dann tu es. Vielleicht gibt es einen Freund oder eine vertraute Person, der du dein Herz ausschütten kannst? Ansonsten kann man seine Gefühle z.B. auch in ein Tagebuch schreiben.
      Könntest du dir denn vorstellen, dich etwas abzulenken und ein bisschen für dich selbst zu tun? Ein gutes Mittel, sowohl gegen Liebskummer als auch gegen Angst ist Sport. Am besten eine Ausdauersportart, wenn das nicht so deins sein sollte, geht aber auch jede andere Sportart. Denn Sport baut Stress ab, macht den Kopf frei und schüttet Glückshormone aus. Es gibt Studien, die erwiesen haben, dass Sport zudem angstmindernd wirkt und das Selbstvertrauen stärkt. Schon regelmäßig einen längeren, flotten Spaziergang oder eine Fahrradtour zu machen kann sehr gut tun. Wenn du dich alleine nicht aufraffen kannst, vielleicht gibt es ja einen Freund mit dem du gemeinsam regelmäßig etwas Sport machen könntest?
      Auch ein Hobby, das einen erfüllt und Spaß macht, kann ablenkend wirken und hilft, das Selbstvertrauen aufzubauen. Manchen Menschen tut es auch gut, sich ehrenamtlich zu engagieren, eine Fremdsprache, ein Instrument, Tanzen oder irgendetwas Neues zu lernen.

      Auch wenn es jetzt nicht vorstellbar erscheinen mag, aber irgendwann wird der Tag kommen, an dem du wieder nach vorner schauen kannst. Ob du dann daraus einen Neuanfang mit deiner Exfreundin machst oder den weiteren Weg alleine gehst wird wohl nur die Zeit zeigen.

      Bei all dem würde ich dir aber, wie gesagt, raten, dir Unterstützung von einem Psychologen zu suchen. Denn mit Hilfe wird der Weg sicherlich einfacher zu gehen sein.

      Lieber Philosoph, ich wünsche dir alles Gute! Du kannst mir hier gerne wieder schreiben, wenn du magst. Ich bleibe für dich da.
      Liebe Grüße, Heike
    • Hallo Heike,

      vielen Dank für deine Antwort.

      Meine Exfreundin wohnt nicht sehr weit weg. Genau genommen zwei Orte weiter. Von uns beiden hat aber keiner einen Führerschein, weshalb wir auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind. Sie muss aber zu ihrer Universität pendeln und dann auch noch sehr viel für ihr Studium erledigen, was sie sehr schlaucht.

      In Behandlung wegen meiner Ängste bin ich derzeit nicht. Ich habe aber angefangen Bücher über die Psyche zu lesen und versuche es zunächst auch diese Weise mich selbst zu therapieren. Dabei habe ich schon ein paar gute Schritte gemacht und meinem Umfeld meine soziale Phobie mitgeteilt. Sehr viele Menschen verstehen diese leider nicht und verwechseln ängstliches Schweigen teilweise ja sogar mit Arroganz. Darüber zu sprechen hilft mir bereits ungemein und es kann nur besser werden. Sollte ich aber diesbezüglich nicht mehr alleine weiterkommen, würde ich aber eine psychologische Therapie nicht ausschließen.

      Ich habe tatsächlich schon eine Selbsthilfegruppe in meiner Nähe kontaktiert im Bezug auf Trennungen/Scheidungen und werde bei dieser auch beim nächsten Treffen teilnehmen. Damit komme ich in Kontakt mit anderen Menschen, was auch meiner sozialen Phobie zugute kommt.

      Die Reste meines Selbstvertrauens, welche ich mit der Zeit aufgebaut habe, gingen mit der Trennung verloren und ich war am Boden zerstört und fühlte mich vollkommen nutzlos und erbärmlich. Es ist mittlerweile auch deutlich besser geworden, doch gibt es immer wieder Tage oder manchmal auch Wochen an denen ich das Gefühl habe wieder komplett einzubrechen. Sehr häufig habe ich das am Wochenenden, so wie am letzten, wo ich von einem auf den anderen Moment angefangen habe zu weinen und mich selbst bemitleidet habe. Heute bin ich wieder etwas besser drauf.

      Vermutlich ist es besser den Kontakt vorerst wieder zu beenden. Auch wenn ich mir so sehr wünschen, wieder ihr Freund zu sein, muss ich den Umstand zu akzeptieren lernen, dass sie gerade auch keine Beziehung möchte und mich trotzdem noch mag, wenn auch (gerade nicht auf romantische Weise. Um sie komplett aus meinen Leben wegzudenken, habe ich sie zu gerne und sie hat mich, -wie ich ja schon im vorherigen Post sagte- erst dazu inspiriert mich meinen Ängsten zu stellen. Ich will auch nicht, dass ich das, was uns noch geblieben ist, durch meine (teilweise chaotischen) Gefühle zerstört wird.

      Freunde habe ich zwar, doch habe ich seit einigen Jahren Schwierigkeiten mit anderen über meine Probleme und Gefühle zu sprechen. Ich habe aber mal eine kurze Zeit Tagebuch geführt, was sehr hilfreich war. Vielleicht sollte ich das nochmal versuchen. Häufig fange ich mit Dingen an, die mir möglicherweise helfen könnten, doch dann habe ich wieder eine längere Downphase und schmeiße alles davon über Board. Beispielsweise wollte ich es mir angewöhnen wöchentlich schwimmen zu gehen, doch blieb es nur bei einem Mal, da ich die folgende Woche meine Lebensmittlelvergiftung hatte und längere Zeit mich kaum bewegen konnte. Ich werde hoffentlich noch das richtige für mich finden.

      Ich bedanke mich für deinen Worte und deine Ideen.

      Liebe Grüße
      Dare to fail and learn from your mistakes.
    • Lieber Philosoph,

      du hast ja schon einiges unternommen, um deine Situation zu verbessern. Das finde ich super! Es gibt durchaus auch Menschen, denen es gelingt, selbst aus der Angst herauszukommen. Daher kannst du das, solange es dir damit gut geht, sicherlich auch versuchen. Solltest du merken, dass du alleine nicht weiterkommst, ist es aber gut, sich das einzugestehen und sich helfen zu lassen. Denn manchmal braucht man vielleicht einfach mal jemanden, der die Situation von aussen sieht. Und gerade da es dir auch guttut, über deine Ängste zu reden, könnte das auch hilfreich sein.

      Ansonsten bist du auf dem richtigen Weg. Sich den Ängsten zu stellen ist genau die Lösung, um sie zu überwinden. Vielen Menschen hilft es, sich dafür eine Liste zu erstellen mit den Situationen, vor denen sie Angst haben. Die ordnet man dann danach, wie beängstigend sie sind. Die am wenigsten schlimme Angst, von der man sich vielleicht gerade noch vorstellen könnte, sich ihr zu stellen, geht man zuerst an. Kommt man mit dieser Situation irgendwann zurecht, nimmt man sich die zweite vor und so weiter. Es ist auch ganz normal, wenn es zwischendurch mal Rückschläge gibt. Lass dich einfach nicht entmutigen. Denn das Ziel für das man kämpft, nämlich ein normales, weitgehend angstfreies Leben zu führen, ist es doch wert, dass man sich durchbeisst.

      Was vielen Betroffenen auch helfen kann, ist, an einer Volkshochschule o.ä. einen Rhetorikkurs zu belegen. Dabei trifft man einerseits auf andere Menschen und andererseits kann man seine Kommunikationsfähigkeiten verbessern und dadurch Sicherheit gewinnen. Da könntest du einmal überlegen, ob das etwas für dich wäre.
      Wenn du Sport gegenüber nicht abgeneigt bist, sind auch Mannschaftssportarten eine tolle Möglichkeit. Dabei bewegt man sich, was dem Körper gut tut und entspannend und angstlösend wirkt, und gleichzeitig muss man mit den Mannschaftskameraden auch kommunizieren, was die sozialen Fähigkeiten fordert.

      Den Besuch bei der Selbsthilfegruppe bezüglich der Trennung finde ich eine tolle Idee. Vielleicht findest du ja dort noch Ideen, wie du mit dieser besser zurechtkommen kannst. Auch Tagebuch zu schreiben kann sehr hilfreich sein. Vielen Menschen hilft es, einmal alles aufzuschreiben und so die Gedanken einerseits loszuwerden und zum anderen zu sortieren. Ich kann dich also nur ermutigen, es zu versuchen.

      Wenn du weisst, dass die Wochenenden deine Tiefpunkte sind, vielleicht überlegst du mal, was du unternehmen könntest, damit das nicht so ist. Was fehlt dir am Wochenende, das den Rest der Woche da ist? Meistens hat man am Wochenende viel freie Zeit und damit auch viel Zeit, nachzudenken. Könnte es daran liegen? Dann wäre eine Möglichkeit, sich dort etwas vorzunehmen, auf das man sich vielleicht sogar freuen kann. Vielleicht gibt es ja etwas, das du schon immer mal tun wolltest? Oder ein Hobby, das dir Spaß macht, mit dem du am Wochenende Zeit verbringen könntest. Je nachdem, wie weit dich die Angst einschränkt, könntest du auch mit Freunden etwas unternehmen. Das geht ja z.B. auch zu Hause.

      Ich finde es toll, dass du die Dinge angehst und dich nicht verkriechst! Wenn du dranbleibst bin ich mir sicher, dass du es schaffen kannst, da heraus zu kommen. Wenn es noch irgendetwas gibt, wie ich dir helfen kann, oder du darüber reden magst, lass es mich wissen, ich bin gerne für dich da.

      Liebe Grüße, Heike
    • Hallo Heike,

      die Idee mit der Liste und auch mit dem Rhetorikkurs finde ich sehr gut. Mir wirbeln oft so viele Gedanken und auch Themen durch den Kopf, doch geht auf dem Weg das Meiste verloren und ich weiß sehr oft nicht, was oder wie ich etwas sagen soll. Dadurch werde ich immer sehr nervös und stolpere beim sprechen oft über meine eigenen Worte oder vergesse die Hälfte.

      Ansonsten probiere ich verschiedene Dinge aus, um das richtige für mich zu finden. Den Beginn meiner Ängste habe ich zwar noch immer nicht ganz konkret herausgefunden, doch erinnere ich mich noch gut an die Zeit davor und was für ein anderer Mensch ich damals war. Zu dieser Zufriedenheit zurückzukehren und die Werte und Kenntnisse mitzunehmen, welche ich in den letzten Jahren erhalten habe, ist mein Ziel.

      An Wochenenden bin ich zunehmend alleine und kann mich nur selten aufraffen etwas zu machen. Es ist wie du sagt. Zu dieser Zeit bin ich alleine mit meinen Gedanken und ich bin in meinem Grübelzwang gefangen, der mich einfach nicht in Ruhe lässt. Pausenlos male ich mir negative Zukunftsszenarien aus und sinke immer tiefer in dieses Loch und habe das Gefühl nichts dagegen unternehmen zu können.

      Ich weiß nicht ob dir Nihilismus etwas sagt, doch habe eine Zeit lang nach dieser Philosophie gelebt und habe sie erst versucht abzulegen als ich meine Exfreundin besser kennenlernte. Daher verdanke ich es auch ihr, dass ich noch nicht aufgegeben habe und meinen Willen mein Leben wieder lebenswert zu gestalten, zurückgewonnen habe und mich meiner Angst stellen will.

      Mir tut es jedenfalls schon einmal gut das alles jemanden mittzuteilen. Ich danke dir.
      Dare to fail and learn from your mistakes.
    • Lieber Philosoph,

      die Nervosität beim Sprechen und die Folgen die du beschreibst sind eins der typischen Symptome der sozialen Phobie. Neben einem Rhetorikkurs kann u.a. auch Schauspielunterricht eine Möglichkeit sein, um ein sichereres Auftreten zu lernen. Manche Schauspiellehrer/-schulen bieten sogar spezielle Coachings für Menschen an die sehr schüchtern sind oder unter einer sozialen Phobie leiden. Vielleicht gibt es soetwas ja auch in deiner Nähe?

      Es ist einerseits gut, wenn man sich bewusst ist, wie das Leben vor der Angst war. Denn so hat man ein Ziel, auf das man hinarbeiten kann. Andererseits kann man dadurch schnell zu streng mit sich selbst werden, weil man dem Zustand, den man sich wünscht, vielleicht nicht so schnell näher kommt, wie man es gerne hätte. Daher würde ich dir raten, dieses Endziel zwar immer vor Augen zu haben, dich aber auch über kleine Zwischenschritte zu freuen und dich dafür zu loben und zu belohnen.

      Die Situation, die du am Wochenende beschreibst, ist wohl etwas, das viele Menschen kennen, die in einer ähnlichen Lage sind wie du. Manche Menschen haben es Abends, andere am Wochenende, eben immer dann, wenn viel Zeit ist um nachzudenken. Der beste Weg ist wirklich, sich etwas vorzunehmen und sich, zumindest vorübergehend, nicht in die Lage zu bringen, lange Zeit zum Grübeln zu haben. Das heisst natürlich nicht, dass man in wilden Aktionismus verfallen sollte, nur um immer irgendetwas zu tun zu haben. Aber wenn man in deinem Fall z.B. das Wochenende ein wenig plant, so dass man zumindest nicht zwei volle Tage alleine in der Wohnung herumsitzt und Zeit hat, sich nur mit seinen Gedanken zu beschäftigen, kann das schon sehr hilfreich sein.
      Gibt es denn vielleicht ein Hobby, das dir Spaß macht und das du am Wochenende ausüben könntest? Da du geschrieben hattest, dass du dir vorgenommen hattest schwimmen zu gehen, wäre das ja z.B. auch eine Sache, die du am Wochenende tun könntest. So hättest du gleich zwei Dinge auf einmal. Du würdest rauskommen und hättest nicht so viel Zeit nachzudenken und zudem hättest du durch die körperliche Bewegung Entspannung, könntest Stress abbauen und angstmindernd wirkt Sport auch noch.
      Wenn du Probleme hast, dich alleine zu motivieren, vielleicht gibt es einen Freund der auch gerne etwas Sport machen und mitkommen würde?

      Wenn du doch mal ins Grübeln verfallen solltest, gibt es einige Strategien, um da wieder herauszukommen. Als erstes würde ich dir die Gedankenstopp-Strategie empfehlen. Diese besteht darin, dass man sich, wenn man merkt, dass die Gedanken anfangen zu kreisen, innerlich oder laut STOPP sagt. Notfalls auch mehrmals. Damit unterbricht man kurzzeitig die Gedanken. Man nimmt eine aufrechte Haltung ein und atmet tief durch. Das weitere Vorgehen kann unterschiedlich ausfallen, da muss man für sich die beste Methode finden. Am einfachsten ist es oft, sich nach dem Stopp einer Aktivität zu widmen, die ablenkt. Das kann Musik hören und dazu tanzen oder laut mitsingen sein, oder z.B. auch putzen. Auch etwas frische Luft und Bewegung tun oft gut, z.B. ein kleiner Spaziergang um den Block. Anderen hilft es, sich nach dem Stopp etwas Schönes vorzustellen. Das kann eine schöne Vorstellung von einem entspanndenden Erlebnis sein. Man kann nach dem Stopp aber auch z.B. die 3x3-Methode anwenden. Dabei stellt man sich so lebendig wie möglich drei positive Dinge aus drei Gruppen vor. Beispielsweise drei positive Ereignisse der letzten Woche, drei Menschen, denen man dankbar ist, drei Situationen, in denen Menschen einem gedankt haben, drei Dinge auf die man sich freut, drei Dinge, die man gut gemacht hat, usw.

      Natürlich ändert der Stopp nichts am eigentlichen Problem, aber er verhindert, dass man in einem Strudel aus negativen Gedanken immer tiefer gezogen wird. Am Anfang fällt diese Strategie oft schwer, das ist aber Übungssache. Je öfter man es macht, desto einfacher wird es.

      Manchen Menschen hilft es auch, sich ein sogenanntes Grübelfenster zu einzurichten. Das bedeutet, man legt sich Zeiten fest, zu denen man sich sich erlaubt, zu grübeln. Z.B. Samstags von 19-20:00 beschäftige ich mich mit dem Problem. In dieser Zeit beschäftigt man sich dann mit den Problemen und versucht, aktiv Lösungen zu finden. In der restliche Zeit kann man dann beruhigt sagen, dass man sich um das Problem später kümmert.

      Wenn sich das Grübeln nicht stoppen lässt oder immer wieder auftaucht, würde ich dir raten, noch einmal zu überlegen, ob der Besuch bei einem Psychologen nicht doch vielleicht eine gute Idee wäre. Auch wenn du merkst, dass die Ängste dich im "normalen Leben" zunehmend einschränken sollten würde ich dir dazu raten.

      Liebe Grüße, Heike
    • Hallo Heike,

      ich werde bei Gelegenheit mal schauen, ob es solche Angebote auch in meiner Nähe gibt. Wegen meiner wechselhaften Arbeitszeiten ist das zwar nicht so einfach, doch werde ich mich bemühen.

      Die krampfhafte Fixierung auf Ziele kenne ich sehr gut und so ganz habe ich das auch noch nicht ablegen können. Manchmal bin ich dann enttäuscht von mir, wenn ich etwas nicht so hinbekomme, wie ich es gerne gehabt hätte. Daher bemühe ich mich an jeden Tag ohne Erwartungen heranzugehen und die Dinge einfach auch mich zukommen zu lassen.

      Ich habe sogar mehrere Hobbys, aber vielen davon gehe ich nicht mehr so nach, wie ich es mal habe. Eines meiner liebsten Hobbys ist Videospiele. Hier hindern mich meine Gedanken aber oft daran mich richtig konzentrieren zu können und ich mich dann darüber aufrege, wenn ich Fehler mache. Ansonsten lese ich auch ganz gerne. Hier kommt es aber auch etwas auf meinen Gemütszustand und darauf an was ich lese. Oft drifte ich beim lesen nämlich in Gedanken ab und folge mit meinen Augen gedankenverloren dem Text, ohne ihn wirklich gelesen zu haben. Dann muss ich mich immer wieder fangen und teilweise ganze Seiten nochmal lesen. Die Idee mit der Stoppübung und auch die bewusste Grübelzeit finde ich sehr gut und werde mich an dieser mal versuchen. Danke dir.

      Gestern habe ich mich spontan zu einer Aktion zur Verbesserung der Sauberkeit in meiner Stadt angemeldet und werde dort morgen früh hingehen und sehen was mich da erwartet.
      Dare to fail and learn from your mistakes.
    • Lieber Philosoph,

      ich finde es toll, wie motiviert du die ganze Sache angehst! Dazu bist du, wie es scheint, sehr gut in der Lage, dein Verhalten zu reflektieren. Damit hast du durchaus gute Voraussetzungen, es vielleicht wirklich alleine aus deiner Situation heraus zu schaffen.

      Falls es dir helfen würde, dich mit anderen Menschen die ebenfalls von einer sozialen Phobie betroffen sind auszutauschen gibt es übrigens auch ein Forum speziell für diesen Austausch zwischen Menschen mit sozialer Phobie. Vielleicht wäre das etwas für dich? Du findest es auf dieser Seite sozcafe.de/

      Das Grübeln und auch die Konzentrationsprobleme könnten allerdings darauf hindeuten, dass die Ängste vielleicht schon ein bisschen dein Gesamtbefinden angegriffen haben. Denn weil man sich durch Ängste oft isoliert und zurückzieht gehen diese auch schonmal mit depressiven Verstimmungen einher, zu deren Symptomen unter anderem Grübeln und Konzentrationsstörungen zählen. Das muss jetzt bei Weitem noch nicht heissen, dass das bei dir der Fall ist, aber es wäre gut, wenn du das im Auge behalten würdest. Und wenn du merkst, dass es dir dahingehend schlechter geht oder auch wenn es auf Dauer nicht besser wird, vielleicht überlegst, ob du dir doch Hilfe suchst bevor du in einem Teufelskreis landest.

      Liebe Grüße, Heike
    • Hallo Heike,

      es freut mich ungemein, dass du so viel Glauben in mich hast. Ich glaube auch, dass ich in den letzten Monaten einige Fortschritte gemacht habe. Trotzdem habe ich noch einen sehr weiten Weg vor mir. Einmal hat eine Kollegin zu mir gesagt, dass sie glaubt, dass ich bedeutend stärker bin, als ich glaube. Das hat mich ungemein gefreut.

      Die Idee finde ich sehr gut. Allgemein bin ich gerne in Internetforen unterwegs und da kommt ein solches Forum mir sehr gelegen. Vielen lieben Dank für den Link.

      Ich würde schon sagen, dass mich meine Angst sehr verändert hat über die letzten Jahre. Ursprünglich war ich mal ein extrovertierter Mensch, doch habe ich mich mit der Zeit sehr nach innen gekehrt und missverstanden gefühlt. Mein Wille mit anderen Menschen zu interagieren bzw. ihnen zu vertrauen sind dadurch sehr in Mitleidenschaft geraten. Aus einem "Ich will nicht mehr" wurde ein "Ich kann nicht mehr". Als ich und meine Freunde nach der 10. Klasse unterschiedliche Wege einschlugen, gelang es mir nicht mehr neue Freunde zu finden auf meiner neuen Schule. Weil ich nie sonderlich gesprächig war, mieden mich die meisten Menschen immer nach kurzer Zeit. Das führte mich zum Nihilismus. Als ich nach meiner Fachhochschulreife vollkommen orientierungslos Zuhause versauerte, wurde das Geld irgendwann knapp und ich ließ mich von der Arbeitsagentur an eine Maßnahme vermitteln, um zumindest etwas Förderung zu erhalten. Viele Hoffnungen machte ich mir nicht. Auch habe ich dieses Mal gar nicht erst versucht neue Freunde zu finden, doch lernte ich dort auch meine Ex-Freundin kennen, welche immer mit mir redete, während mich die meisten ignorierten. Dadurch habe ich Hoffnung geschöpft und langsam auch angefangen wieder etwas offener zu werden. Dadurch, dass ich noch sehr oft an sie denken muss und ihr sehr dankbar bin dafür, sind meine Probleme auf eine gewisse Art miteinander verbunden.

      Danke, dass du mir mit meinen Problemen hilfst.
      Dare to fail and learn from your mistakes.
    • Lieber Philosoph,

      das hört sich für mich schon ein wenig danach an, als würdest du sehr unter der aktuellen Situation leiden, oder sehe ich das falsch?

      Darf ich mal ganz direkt fragen, was für dich eigentlich dagegen spricht, dir von einem Psychologen helfen zu lassen? Wie gesagt, ich denke, dass es, wenn man viel Durchhaltevermögen und Disziplin hat, schon möglich sein kann, auch alleine seine Ängste zu besiegen, aber man macht es sich eben auch ungleich schwerer.

      Klar, auch der Weg mit Hilfe ist bestimmt nicht einfach. Vor allem der erste Schritt, nämlich sich überhaupt erst Hilfe zu nehmen, ist hier ein großes Hindernis. Aber dafür hat man danach jemanden an seiner Seite, der einem hilft, sich den Ängsten zu stellen. Und dadurch, dass dies durch die Erfahrung von jemandem geleitet wird, der weiss, wie der kürzeste Weg aussieht, wird es eben meistens einfacher. Zudem hat man jemanden, der einen motiviert und mit dem man die Fortschritte und Rückschläge besprechen und analysieren kann.
      Wenn man hingegen alleine vorgeht, dann muss man diese ganze Last selbst tragen. Man muss sich selbst immer wieder motivieren, selbst herausfinden, wie man weiter vorgehen soll und die Folgen mit sich alleine ausmachen.

      Es bleibt natürlich deine Entscheidung, aber vielleicht überlegst du ja noch einmal, ob es für dich nicht vielleicht doch in Frage käme, dir helfen zu lassen?

      Auch wenn du das nicht möchtest, kannst du mir natürlich gerne weiterhin berichten, wie es bei dir läuft. Wenn ich kann helfe ich dir sehr gerne wo immer es geht.
      Liebe Grüße, Heike
    • Hallo Heike,

      an manchen Tagen knicke ich schon etwas ein, doch bin ich die letzten Tage ziemlich gut drauf gewesen, mit Ausnahme von gestern. Da war ich seit längeren mal wieder mit ein paar "Freunden und Bekannten" unterwegs und habe erkannt, dass meine Sicht- und Herangehensweise in vielen Dingen bedeutend anders ist. Bei diesem Treffen bin ich tief in mich gegangen und habe kaum ein Wort geredet. Ich habe mich in dieser Situation auch nicht sonderlich wohl gefühlt. Über die Jahre habe ich über viele der Dinge hinweggesehen und vielleicht auch gar nicht so genau wahrgenommen, doch hat es mir gestern einfach gereicht. Dabei bin ich mit ein paar davon zusammen aufgewachsen.

      Es war jetzt das erste Mal seit längerer Zeit und auch das erste Mal seit ich aktiv meinen Kampf mit der Angst angehe, dass ich mit ihnen was unternommen habe. Dadurch habe ich erkannt, dass ich gewaltige Fortschritte gemacht habe und meine Zeit allein Früchte getragen hat. Auch wenn ich nun alleine dar stehe, bin ich lieber aufrecht allein, als gebeugt mit jemanden zusammen.

      Einen Psychologen habe ich deshalb noch nicht kontaktiert, weil ich davon überzeugt bin, dass jeder Mensch die Fähigkeit besitzt sich selbst helfen zu können, aber es keine Schande ist um Rat oder Hilfe zu fragen. Ich habe mich ja schon hier und auch in dem Forum, welches du mir empfohlen hast, angemeldet. Zusätzlich werde ich noch wegen meinem Kummer die Selbsthilfegruppe aufsuchen, von der ich erzählt habe. Die trifft sich nächsten Dienstag.

      So sieht mein derzeitiger Stand aus.

      Liebe Grüße
      Dare to fail and learn from your mistakes.
    • Lieber Philosoph,

      wie gesagt, ob man einen Psychologen konsultiert oder nicht bleibt ja zum Glück jedem selbst überlassen. Und wenn du im Moment nicht das Gefühl hast, dass du die Hilfe von einem möchtest, ist das auch völlig in Ordnung.

      Du schreibst, dass du lieber aufrecht alleine dastehst als gebeugt mit jemandem zusammen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich verstehe, wie du das meinst. Warum denkst du, dass es dich "beugen" würde, wenn du mit deinen Freunden und Bekannten etwas unternimmst?
      Was an ihnen ist dir so fremd geworden?

      Denn wenn man sich immer mehr abkapselt besteht eben auch ein bisschen die Gefahr, dass man mit anderen Menschen und den Beziehungen zu ihnen irgendwann immer kritischer wird. Gerade wenn man ein Problem damit hat, Kontakte mit anderen Menschen zu haben, dann kann das dazu führen, dass man jede Beziehung nur noch mit quasi unbewusst eingeplanter Rückzugsmöglichkeit angeht. Man lässt andere nicht mehr an sich heran und hat schlicht verlernt, sich zwischenmenschlichen Kontakten auszusetzen und sie auch mal durchzustehen und aus ihnen zu lernen. Stattdessen hält man eine Art Selbsterfüllende Prophezeiung am Leben, die es einem natürlich auch einfacher macht, weil man erstens gar nicht erst erwartet, dass man sich in Gesellschaft anderer wohlfühlt und zweitens auch nicht mehr enttäuscht darüber sein muss, wenn es nicht so klappt wie man es sich vielleicht wünschen würde.

      Damit will ich dir keineswegs unterstellen, dass das bei dir der Fall sein muss. Aber wenn man eine soziale Phobie überwinden möchte, gehört es eben auch dazu, dass man sich mit anderen Menschen einlässt. Und dass das am Anfang sehr unangenehm sein kann bzw. sogar wird ist normal. Schließlich hat man nicht unsonst lange Zeit versucht, genau das zu vermeiden.
      Es kann natürlich sein, dass deine Freunde und Bekannten sich wirklich einfach anders entwickelt haben als du. Das ist ja nicht auszuschließen. In dem Fall wäre es aber gut, wenn du überlegen würdest, ob es nicht andere Menschen gibt, mit denen du dir vorstellen könntest, ein paar soziale Kontakte zu pflegen. Vielleicht sind ja einzelne Personen dabei, die anders waren? Oder gibt es noch andere Menschen, die dir etwas bedeuten, mit denen du dir regelmäßigeren Kontakt vorstellen könntest?

      Denn, wie gesagt, es ist ganz normal, dass man sich, wenn man so lange den Kontakt gemieden hat, unwohl in solchen Situationen fühlt. Aber vielleicht schaffst du es ja, solche Dinge trotzdem anzugehen und durchzustehen und dabei einmal darauf zu achten, ob es nicht vielleicht doch Dinge gibt, die positiv daran sind? Das ist etwas, dass man u.U. erst wieder lernen muss.

      Es freut mich übrigens sehr, dass es dir ansonsten besser geht! Auch die Anmeldung in dem anderen Forum und die Selbsthilfegruppe sind bestimmt ein guter Schritt in die richtige Richtung.

      Liebe Grüße, Heike
    • Hallo Heike,

      ich verstehe deine Sorge und kann deine Argumentation absolut nachvollziehen. Doch will ich es mal so sagen, am Mittwoch war der 20. April. Im Auto haben wir SS Musik gehört und im Restaurant wollten sie dann auf den Geburtstag von Adolf Hitler anstoßen. Ich habe mich schlicht geweigert und für den Rest des Tages kaum noch ein Wort geredet, weil mich diese Geste wirklich angewidert hat. Auf dem Rückweg habe ich darauf bestanden (nicht unbedingt sehr höflich) andere Musik zu hören, was auch getan wurde. Das hat mein Gemüt etwas besser gestimmt.

      Es waren auch ein paar Äußerungen, die gefallen sind, die zwar nichts mit mir zu tun haben, aber mich trotzdem verstört haben. Ich bin politisch links orientiert und auch seit kurzer Zeit in der Flüchtlingshilfe aktiv. Zudem bin ich auch durch verschiedene Ereignisse in meinem Leben seit wenigen Monaten Christ, nachdem ich jahrelang Atheist war und lege daher sehr großen Wert auf Nächstenliebe. Einen Mann zu verehren, der als einer der größten Hassprediger in die Geschichte einging, halte ich für absolut falsch. In mir hat sich alles gesträubt und ich habe angefangen mich zu fragen, ob ich all die Jahre blind war, oder ob sich alles erst seit kurzem so entwickelt habe. (Versunken in Gedanken)

      Zwar erachte ich sie nun nicht pauschal als schlechte Menschen, doch möchte ich auch nicht länger Teil dieses Umfelds sein. Kontakte habe ich nur sehr wenige, weshalb ich auch nach neuen suche. Ansonsten habe ich einen Cousin mit dem ich wie ein Bruder aufgewachsen bin. Da in unserer Familie sehr viel Streit herrschte und sich alle nur zusammenrissen, als wir Kinder waren, riss alles wieder ein als wir älter wurden und wir haben uns ein paar Jahre lang nicht mehr gesehen. Letztes Jahr haben wir uns dann zufällig mal getroffen und halten seit dem wieder Kontakt.

      Ich möchte nun erstmal abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.

      Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit, Heike. :)
      Dare to fail and learn from your mistakes.
    • Lieber Philosoph,

      okay, was du da schilderst ist etwas, wo ich voll und ganz nachvollziehen kann, dass man lieber alleine bleibt als sich soetwas anzuschließen. Da ist es dann auch normal, dass man sich in solch einer Gesellschaft unwohl fühlt.

      Und auch wenn es mir leid tut, dass der Tag für dich so unschön war, freut mich aber, dass meine Befürchtungen dahingehend unnötig waren.

      Wenn du mit deinem Cousin jemanden hast, mit dem du dir vorstellen kannst Kontakt zu halten und dich vielleicht ab und zu mal "real" zu treffen, ist das doch ein guter Anfang. Wenn du zudem sogar bereit bist neue Kontakte zu knüpfen bist du auf jeden Fall auf einem guten Weg.

      Liebe Grüße, Heike
    • Hallo Heike,

      tatsächlich habe ich mich nochmal hinreißen lassen zu einem Treffen mitzugehen und ganz unerwartet hat sich jemand bei mir entschuldigt, dass er mit seinem Verhalten wohl über die Strenge geschlagen habe und in meiner Gegenwart sich diesbezüglich etwas zurücknimmt, weil er genau weiß, wie sich so etwas anfühlt. Ich hätte nicht erwartet, dass man so viel Rücksicht auf mich nehmen wird und mich hat das sehr gefreut. Vielleicht kann ich ja noch mehr bewirken, wenn ich meine Ansichten auch mal etwas deutlicher darbringe, statt in Schweigen zu verfallen, wenn etwas passiert, dass mir nicht gefällt.

      Meinen Cousin habe ich schon ein paar Wochen nicht mehr gesehen, doch sollte es jetzt, wo vermehrt Feiertage kommen, einfacher sein, sich mal wieder zu treffen. Die letzten Wochenenden habe ich es fast vollständig geschafft meine Tiefs abzuwehren, auch wenn ich mal alleine war. Zusammen kann das nur besser werden.

      Liebe Grüße
      Dare to fail and learn from your mistakes.
    • Lieber Philosoph,

      es freut mich zu hören, dass es dir so gut geht. :)

      Wenn du sogar die Wochenenden quasi ohne Tiefs überstanden hast, und das sogar alleine, ist das doch schon ein riesiger Fortschritt. Ich drücke dir die Daumen, dass es so positiv weitergeht! Und selbst wenn es einmal stagnieren sollte oder sogar ein bisschen rückwärts geht oder dir zwischendrin mal die Puste ausgeht, verliere nicht den Mut. Vielleicht führst du dir, sollte das doch einmal der Fall sein, vor Augen, was du alles schon geschafft hast und nimmst es als Ansporn, so weiter zu machen.
      Du bist auf einem guten Weg.

      Ich wünsche dir auf jeden Fall weiterhin alles Gute!
      Liebe Grüße, Heike
    • Hallo Heike,

      ich habe sehr gute Nachrichten bezüglich meines "Liebeswahns". Nach ein paar Überlegungen habe ich nochmals zu meiner Ex-Freundin Kontakt aufgenommen. Ich habe sie gefragt, ob ich sie Anfang Juni mal besuchen könnte, da sie da Geburtstag hat. Sie hat abgelehnt mit der Begründung, dass es nicht gut sei für mich sei sie zu sehen, das sie möglicherweise nicht da sei oder das sie vielleicht auch gar nicht feiere. Mich hat das sehr traurig gemacht und ich habe kurz geweint. Dann sagte ich, dass sie mir einst sagte, dass ihre Tür immer für mich offen stehe und für sie mir kein Weg zu weit wäre. Daraufhin meinte sie, dass sie wirklich glaube, dass es nicht gut für mich sei und es auch nicht gut für sie sei mich zu sehen. Letzteres hat mich stutzig gemacht und ich hakte nach, da erzählte sie mir, dass sie psychisch durch den ganzen Stress sehr angeschlagen sei und den Kontakt zu Männern derzeit am liebsten meidet. Sie hat bereits in ihrer Kindheit Erfahrungen gemacht, die nur schwer vorstellbar sind. Mir hat sie bisher auch kaum etwas davon erzählt. Jedenfalls hat sich jeglicher Kummer in Mitgefühl verwandelt und natürlich werde ich ihrer Bitte nachkommen und sie nicht besuchen, bis es ihr besser geht. Stattdessen verbleiben wir liebevoll in Form von Textchats, wie die Monate zuvor auch, doch macht es mich glücklich.

      Bleibt nur noch meine soziale Phobie, doch mache ich auch hier Fortschritte. Sollte ich hierfür nochmal Redebedarf haben, werde ich ein entsprechendes Thema öffnen.

      An dieser Stelle möchte ich dir nochmals für all deinen Rat und Trost danken, Heike. Vielen lieben Dank. :)

      "Er aber sprach zu ihnen: Wegen eures Kleinglaubens. Denn wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so könnt ihr sagen zu diesem Berge: Heb dich dorthin!, so wird er sich heben; und euch wird nichts unmöglich."
      - Matthäus 17:20
      Dare to fail and learn from your mistakes.
    • Lieber Philosoph,

      es freut mich, dass sich die Dinge zwischen dir und deiner Exfreundin geklärt zu haben scheinen. Wenn ihr beide mit Textchats gut leben könnt und diese euch helfen, ist das doch eine super Lösung.

      Dass du auch bzgl. deiner sozialen Phobie Fortschritte machst freut mich sehr. Es hört sich doch so an, als wärst du insgesamt auf einem sehr guten Weg. :)

      Wenn du doch noch einmal Hilfe benötigen solltest weisst du ja, wie du mich/uns findest. Ich wünsche dir alles Gute!

      Liebe Grüße, Heike